Hildebrand Gurlitt & Cornelius Gurlitt


Das Legat Cornelius Gurlitt umfasst rund 1.600 Kunstwerke. Über den zeitlebens in Abgeschiedenheit lebenden Stifter ist nur wenig bekannt, auch lässt sich über seine Beweggründe, die Stiftung Kunstmuseum Bern testamentarisch zur Alleinerbin seines Vermögens zu bestimmen, lediglich spekulieren.

Cornelius Gurlitt (1932 – 2014)


Rolf Nikolaus Cornelius Gurlitt wurde am 28. Dezember 1932 als Sohn des Kunsthistorikers Hildebrand Gurlitt (1895 – 1956) und der Tänzerin Helene Gurlitt (geb. Hanke, 1895 – 1968) in Hamburg geboren. Nachdem die Kunsthandlung seines Vaters Ende 1941 durch Fliegerangriffe schwer beschädigt worden war, zog die Familie nach Dresden in Hildebrand Gurlitts Elternhaus. Nach der Zerstörung des Hauses bei der Bombardierung Dresdens am 14. Februar 1945 fand die Familie in Aschbach (Franken) eine Bleibe. Während Hildebrand Gurlitt wegen seiner Tätigkeit als Kunsthändler im «Dritten Reich» von den Alliierten unter Hausarrest gestellt und mehrfach verhört wurde, besuchten Cornelius und seine Schwester zunächst die Odenwaldschule. 1948 zog die Familie Gurlitt nach Düsseldorf. Nach dem Abitur begann Cornelius Gurlitt in Köln ein Studium der Kunstgeschichte, Musikgeschichte und der Philosophie und liess sich parallel dazu in den Werkstätten des Kunstmuseum Düsseldorf zum Restaurator ausbilden. Das Studium schloss er nie ab, die Ausbildung zum Restaurator hingegen beendete er erfolgreich. In den Jahren 1959 und 1960 arbeitete er als Gemälderestaurator für das Kunstmuseum Düsseldorf. Weitere berufliche Stationen sind nicht bekannt.

Vermutlich sicherte sich Cornelius Gurlitt seinen Lebensunterhalt fortan durch den Verkauf von Kunstwerken aus dem Nachlass seines Vaters. Bis zum Bekanntwerden des Kunstbesitzes im Jahr 2012 führte er ein zurückgezogenes Leben in München und Salzburg.
 

Der «Schwabinger Kunstfund»


Im September 2010 nahm die Staatsanwaltschaft Augsburg nach einer Zollkontrolle im Zug von Zürich nach München Ermittlungen gegen Cornelius Gurlitt wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung auf. Im Frühjahr 2012 wurde seine Münchner Wohnung durchsucht und die aufgefundenen Kunstwerke sichergestellt. Erst im November 2013 wurde der «Schwabinger Kunstfund» durch einen Artikel im Magazin «Focus» öffentlich bekannt. Die anschliessende Medienkampagne setzte Cornelius Gurlitt gesundheitlich stark zu.

Nach Verhandlungen stimmte Cornelius Gurlitt im April 2014 der Erforschung seines Kunstbesitzes in einer Vereinbarung mit der Bundesrepublik Deutschland und dem Freistaat Bayern zu. Als eine der ersten Privatpersonen ermöglichte er Provenienzrecherchen und akzeptierte die Washingtoner Prinzipien (1998) nach deutscher Auslegung und damit die Restitution von NS-Raubkunst.

Am 6. Mai 2014 starb Cornelius Gurlitt mit 81 Jahren in München. In seinem Testament hatte er die Stiftung Kunstmuseum Bern als Alleinerbin benannt. 
 

Hildebrand Gurlitt (1895 – 1956)


Der Kunsthistoriker Hildebrand Gurlitt etablierte sich in den 1920er-Jahren als Förderer der Moderne in der deutschen Museumswelt. Dadurch wurde er zur Zielscheibe der Nationalsozialisten. Bereits 1930 verlor er wegen nationalsozialistischer Hetze seine Stelle als Direktor des Museums Zwickau.

1933, im Jahr der nationalsozialistischen Machtübernahme, war er als Leiter des Hamburger Kunstvereins erneut politischem Druck ausgesetzt und kam seiner Entlassung durch eigene Kündigung zuvor. Gurlitt wechselte in den Kunsthandel und eröffnete 1935 seine eigene Galerie in Hamburg, das Kunstkabinett Dr. H. Gurlitt.

Der Kunsthandel im Nationalsozialismus war eng mit der Verfolgung der jüdischen Bevölkerung verbunden. Ab 1933 entzog das Regime Juden sukzessive die Lebensgrundlagen und drängte jüdische Kunsthändler aus dem Gewerbe. So gelangten Kunstwerke zu günstigen Preisen auf den Kunstmarkt, wovon Händler wie Gurlitt profitierten. Seinen Geschäftsbereich erweiterte Gurlitt 1938 infolge der Aktion «Entartete Kunst» entscheidend. Das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda beauftragte ihn mit dem Verkauf der aus deutschem Museumsbesitz beschlagnahmten Kunstwerke der Moderne ins Ausland.

Im Zuge der Ausweitung des nationalsozialistischen Machtbereichs konnte Gurlitt seinen Geschäftsbereich ausdehnen. Nach der Besetzung Westeuropas durch die Deutschen 1940 handelte er auf den Kunstmärkten in den Niederlanden, Belgiens und vor allem Frankreichs. Ab 1943 erwarb er, ausgestattet mit Sonderbefugnissen, Kunstwerke für das geplante «Führermuseum» in Linz.

Hildebrand Gurlitts Aufstieg erfolgte parallel zur Radikalisierung der nationalsozialistischen Verfolgungspolitik und zeigt exemplarisch die Zusammenhänge von Kunsthandel und der Ausplünderung der europäischen Juden. 

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges (1939 - 1945) wurde Hildebrand Gurlitt für seine Beteiligung am Kunstraub während der nationalsozialistischen Diktatur in Deutschland als «Mitläufer» entlastet. Von 1948 bis zu seinem Tod im November 1956 leitete er den Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen in Düsseldorf.

Der Nachlass Gurlitt

Die Datenbank bietet Zugang zu den Werken des Nachlasses von Cornelius Gurlitt (1932 – 2014).

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